Eine Betrachtung von Bernhard Firgau

Vorbemerkung: Die Astrologen reden von einer Wassermannepoche, allgemeiner auch von einer Luftepoche. Anstelle der fassbaren materiellen Welt nehmen die flüchtigen Dinge an Bedeutung zu. Früher war mächtig, wer Geld und Gold hatte, heute, wer Daten anderer Menschen besitzt (Facebook & Co.). Dabei spielt es keine Rolle, ob diese Daten in einem Telefonbuch zum mit der Hand durchblättern abgedruckt auf einer CD gespeichert oder im Internet irgendwo auf einem Server verfügbar sind. Dieses Unsichtbare und nicht Berührbare ist für das Luftelement typisch. Vor diesem Hintergrund schauen viele auch gebannt auf die Entwicklung von KI (künstliche Intelligenz).

Begonnen hatte es schon vor vielen Jahren, als auf einer Konferenz 1956 wissenschaftlich diskutiert wur-de, ob man menschliche Kommunikation mit techni-schen Mitteln simulieren könne. Am 21. Januar 1966 kam der Durchbruch, als der Computerexperte Wei-zenbaum sein Programm ELIZA veröffentlichte. Es griff die Fragen der Benutzer auf, verallgemeinerte sie und antwortete formelhaft nichtssagend. Simuliert wurde eine psychologische Beratung. Allerdings konnte man erkennen, dass diese Äußerungen des Computers nicht von einem Menschen stammten. Was Weizenbaum dabei entsetzte, war aber der Wunsch einiger Psychologen, das Programm weiter zu entwickeln und es für reale Beratungen einzusetzen. Der Klient würde bei einer solchen Beratung vielleicht an eine echte Beratung durch den Therapeuten glauben.

Für Astrologen interessant ist das Datum. An diesem Tag war Neumond (Neubeginn) im Luftzeichen Wassermann. Merkur (Kommunikation) zeigt ein exaktes Sextil zu Neptun (Täuschung), und eine nur scheinbare Kommunikation gelingt. Uranus (Technik) und Pluto (unsichtbare Macht) in Konjunktion deuten an, wohin die Reise gehen wird.

Das ist die Urangst bis heute bei KI: Die Täuschung darüber, mit wem man es zu tun hat und dass man dem ausgeliefert sein könnte.

Bei technischen Geräten wie alleinfahrenden Staubsaugern, Autos bauenden Robotern oder lebensbedrohenden, unbemannten Drohnen im Krieg weiß man, dass man auf körperlicher, sichtbarer Ebene mit diesen Menschen zu tun hat. Die Grenze zum Menschen berühren in Asien entwickelte Roboter, die pflegebedürftige Menschen betreuen und nach menschlicher Gestalt geformt werden. Die eigentliche Grenz-überschreitung erleben wir seit ELIZA aber im – das Wort ist eigentlich eine Lüge in diesem Zusammenhang – geistigen Austausch mit einer technischen Umgebung. Geistiges wird simuliert. Künstliche Intelligenz wertet Datenbanken aus, und wie bei Legosteinen kann sie Neues zusammenbauen, ohne dass es wirklich etwas Neues ist. Beethovens unvollendete 10. Sinfonie wurde von KI zu Ende komponiert durch Nachahmung seiner früheren Werke und uraufgeführt am 9. Oktober 2021. Inzwischen werden nach gewünschten Motiven Bilder gemalt im Stil von van Gogh oder wem auch immer. Auf Wunsch lässt man Goethe ein Essay über Astrologie schreiben usw.

Ist das Kreativität? Auch mathematisch-technische Leistungen setzen ja den Auftrag voraus, welches Problem gelöst werden soll. Die Frage stellt ein Mensch. Wo steckt die Kreativität im Menschen? In der Seele, der Brücke zwischen Materie und Geist. Käme man zur Anschauung, eine Maschine oder ein in einer Maschine verankertes Programm könne kreativ sein, wäre das nichts typisch Menschliches mehr. Der Mensch wäre dann herabgestuft zu einer nur genetisch programmierten Pflanze, die immerhin laufen kann und ihren Trieben folgend sich vermehrt, also nur noch körperlich kreativ ist.

In der Beratung mit Tarotkarten spielt Kreativität eine große Rolle.

In meiner bei Ernst Ott absolvierten Ausbildung wurde uns auf den Weg gegeben: „Der Klient hat das erste und das letzte Wort“. Damit wird seine Selbstbestimmung respektiert und seiner Kreativität Platz eingeräumt. Einerseits sucht der Klient auf der Karte genau das Symbol von mehreren aus, welches ihn als Erstes anspricht. Im Gespräch mit dem Berater entfaltet er die Bedeutung des Symbols in seinem Sinne, auch wenn er Anleitung dazu bekommt.

Diese beiden Akte kann eine Maschine nie ersetzen.

Ich habe in dem Programm ChatGPT, welches Gespräche simuliert und auch längere Texte erstellen kann, die Frage gestellt:

Ich habe für die folgende Frage die Tarotkarte "Kraft" gezogen: Was bedeutet diese Karte für mich, wenn ich Künstliche Intelligenz für die Deutung von Tarotkarten verwende?

Antwort: Die Tarotkarte "Kraft" symbolisiert innere Stärke, Selbstvertrauen und die Fähigkeit, Herausfor-derungen zu meistern. Wenn Sie Künstliche Intelligenz für die Deutung von Tarotkarten verwenden, kann diese Karte bedeuten, dass Sie sich Ihrer eigenen Fä-higkeiten und Stärken bewusst sind und diese erfolg-reich einsetzen, um Schwierigkeiten in Bezug auf Ihre Tarot-Lesungen zu überwinden. Es kann auch bedeu-ten, dass Sie sich Ihres Potentials bewusst sind und es nutzen, um Ihre Ziele im Zusammenhang mit Tarot-Lesungen zu erreichen.

Verblüffend, eine Art selbstkritische Betrachtung des Systems:

Frage: Kann eine echte Tarotkartenlegung durch künstliche Intelligenz ersetzt werden?

Antwort: Künstliche Intelligenz kann eine Unterstüt-zung bei der Deutung von Tarotkarten sein, jedoch wird es nicht in der Lage sein, eine echte Tarotkartenlegung zu ersetzen. Eine echte Tarotkartenlegung erfordert eine tiefere Verbindung zwischen dem Leser und dem Fragenden sowie das Verständnis der Symbolik und des Kontextes der Kar-ten. Eine künstliche Intelligenz kann die Deutung der Karten unterstützen, jedoch die intuitive Verbindung und die persönliche Interpretation eines menschlichen Lesers kann nicht ersetzt werden.

Das verwendete Programm formuliert also auch seine Grenzen und verhindert die Verwechslung mit einem lebenden Menschen. Allerdings gibt es im Internet Angebote, eine Karte zu ziehen, die dann mit einem vorgegebenen Textbaustein gedeutet wird. Diese Kartenziehung simuliert die Ziehung durch den Menschen nur. Denn der Mensch hat sie nicht gemischt. Das bloße Setzen eines elektronischen Stopps mit der Maus zum Anhalten der scheinbar am Bildschirm durchlaufenden Karten stellt nur eine Ziehung dar, aber keine Mischung. Auf die Reihenfolge der Karten hat also nur eine tote Maschine Einfluss.

Der Zusammenhang mit der Lebenssituation, auf die die Deutung Bezug nehmen muss, fehlt gänzlich. Der Klient hat auch keine Möglichkeit einer Wertung ein-zelner Symbole auf der Karte, die ihm gerade beson-ders auffallen. Auch die Deutung fällt also schema-tisch maschinell aus.

Damit berühren wir den zweiten Aspekt der künstli-chen Intelligenz: Ausgeliefert sein an KI

Goethe lässt den Mephisto im Faust (Auerbachs Kel-ler) sagen:

Den Teufel spürt das Völkchen nie, Und wenn er sie beim Kragen hätte.

Das bedeutet wohl, dass der grösste Erfolg des Teufels darin liegt, dass er tätig wird, ohne dass man ihn erkennt. Etwas allgemeiner gesagt: Wenn der Teufel den Menschen beweisen würde, dass es ihn gar nicht gibt, wäre dies sein größter Sieg über die Menschen.

Denken wir an die jüngste Vergangenheit mit Corona und die hitzigen Diskussionen, ob es hinter der Ent-stehung und der Therapie von Corona eine große Verschwörung gäbe. Das gleiche Muster wie bei Mephisto. Die Drahtzieher gibt es gar nicht, alles nur VerschwörungsTHEORIE. Ob es sie nun gibt oder nicht, spielt für unsere Gedanken hier keine Rolle. Die Angst ist offenbar archaischer Natur. Ausgeliefert sein an unsichtbare Mächte. Nicht viel anders, als die von der Kirche formulierten Bedrohungen des Menschen durch ein Jüngstes Gericht usw.

Die Ängste sind da, egal ob zurecht oder zu Unrecht. Menschen haben das Gefühl des Ausgeliefertseins also in vielen Bereichen, die sie für undurchschaubar halten. Dazu gehört auch die Kommunikation mit Menschen, die ein „Herrschaftswissen“ haben. Das sind solche, die nur in Fremdworten reden, wie man-che Ärzte gegenüber Patienten, die sich dann fremd-bestimmt vorkommen. Dies gilt auch für manche Astrologen und Kartenleger, wenn sie so tun, als könnten sie aus ihren Symbolen, die nur sie verstehen, eindeutige Prognosen ableiten. Schließlich kommt die Welt der „Elektronengehirne“, wie man früher sagte, dazu. Bei einem lebenden Menschen kann nachgefragt werden. Bei einer Maschine auch. Ihre Antworten sind aber wieder nur schematisch.

Zu der obigen Frage habe ich nachgefragt:

Gibt es auch andere Deutungen zu dieser Karte für diese Frage?

Antwort: Ja, es gibt viele verschiedene Deutungen für die Tarotkarte "Kraft", je nach Kontext und persönli-cher Interpretation. Einige weitere mögliche Deutun-gen für diese Karte in Bezug auf die Verwendung von Künstlicher Intelligenz zur Deutung von Tarotkarten könnten sein:

Dass Sie Ihre eigene innere Intelligenz und Weisheit nutzen sollten, anstatt sich nur auf die Deutungen einer künstlichen Intelligenz zu verlassen.

Dass es wichtig ist, Ihre eigene Intuition und Verbin-dung zu den Karten zu nutzen, anstatt sich ausschließlich auf die Deutungen einer künstlichen Intelligenz zu verlassen.

Es kann auch bedeuten, dass Sie Ihre Fähigkeiten und Ressourcen in Bezug auf die Verwendung von Technologie und Künstlicher Intelligenz nutzen sollten, um Ihre Tarot-Lesungen zu verbessern und zu vertiefen.

Es ist wichtig zu beachten, dass Tarot-Kartenlegungen sehr subjektiv sind und dass es keine richtige oder falsche Interpretation gibt. Es hängt von Ihrer persönlichen Verbindung zu den Karten und Ihren eigenen Erfahrungen ab.

Man kann schon den Eindruck gewinnen, man kommuniziere tatsächlich mit einem Menschen! Ergebnis? Solange bei der Anwendung erkennbar bleibt, dass das Prinzip des Lebendigen und Kreativen noch exis-tiert und seine Berechtigung hat, ist die Gefahr gerin-ger, als wenn so getan wird, dass es nur eine einzige Interpretation gäbe und als sei dies keine Interpreta-tion, sondern eine feststehende Tatsache. Man wünschte sich manchmal bei Berichterstattungen solche Hinweise auf Unsicherheiten bei den Tatsachen und ihrer Interpretation. Also: Der geistige Weltuntergang steht nicht unmittelbar bevor. Sollte ich sagen „noch nicht“?

Für alle kreativen Berufe, dazu zähle ich Tarotlegen auch, gilt die Aufforderung, das Kreative, Lebendige, Selbstbestimmte zu pflegen. Je mehr die Menschen davon aufgeben, desto eher scheint ihre Tätigkeit durch Maschinen ersetzbar. Damit würden sie sich ihr eigenes kulturelles Grab schaufeln.

 

Text: Dr. Bernhard Firgau

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